gefahrene Kilometer: 780 km
Gegen 10:00 Uhr stehe ich am Beginn (km Null) des „Dempster Highways“ der ca. 40 km von Dawson City entfernt beginnt. Vorher habe ich noch den Tank von „Lady orange“ gefüllt bis zum Überlaufen. Dazu habe ich auch noch einen drei Liter Ersatzkanister und eine zwei Liter Colaflasche mit Benzin gefüllt. Die nächste Tankstelle ist von Dawson City ca. 450 Kilometer entfernt, da benötige ich entsprechende Reichweite. Ich hatte mich auch nicht auf die Tankstelle verlassen, die am Eingang des „Dempster Highways“ ist und das war auch gut so, es ist eine Automatentankstelle und wie Kreditkarte funktionierte dort nicht. Nun liegen also gut 735 Kilometer Schotterstrecke vor mir.
Der „Dempster Highway“ wurde 1978 fertigstellt und ist die einzige öffentliche Straße in Kanada die den Polarkreis überquert. Benannt wurde die Straße nach dem Polizisten W.J.D Dempster der „Northwest mounted Police“. Sergeant Dempster wurde im Winter 1910/11 mit einer Suchmission auf diesem Weg beauftragt, eine überfällige Patrouille („The lost patrol“) mit drei Mann zu suchen. Er fand die Männer der Patrouille, alle waren bereits tot. Die Gräber der Männer der Patrouille sind heute auf dieser Strecke in Fort McPherson zu finden.
Am Eingang des „Depmster Highways“ treffe ich mehre andere Motorradfahrer. Mann unterhält sich kurz, aber jede Gruppe fährt für sich allein. Unterwegs checkt man aber immer kurz gegenseitig ob alles in Ordnung ist. Wenn man zu einer Pause anhält und ein anderer Fahrer vorbeifährt, hebt man kurz den Daumen und signalisiert das alles in Ordnung ist. Man passt gegenseitig auf sich auf, in dieser einsamen Gegend. Am Eingang zur Straße noch das warnende Schild, das kein Krankenwagen auf dieser Strecke vorbeikommt und dass man vorsichtig fahren soll. Nun also los, den Blick immer auf die Straße gerichtet. Eine Geschwindigkeit von 80-90 km/h ist gut zu fahren. Vorsicht gilt aber bei frisch geschotterten Stellen, da fährt es sich etwas „schwammig“ Die Ersten ca. 300 km sind geprägt von den „Ogilvie Mountains“ es geht bis auf ca. 1300 Meter hinauf. Es wird ziemlich kühl, nur noch ca. 8 Grad Celsius. Ich muss anhalten und die Windjacke und die dickeren Handschuhe anziehen. Am Wegesrand immer wieder farbige Bäche, eisenhaltiges Gestein färben diese rostrot ein. Leider auch am Wegesrand: mehrere Autowracks und ein verunfalltes Motorrad vom Typ BMW 1250 GS
Bei Kilometer 406 erreiche ich das „Eagle Plains Hotel“. Dieser Versorgungsstützpunkt wurde 1978 auf halber Strecke gebaut und hat mit Hotel, Kaffee, Restaurant, Werkstatt und vor allen einer Tankstelle ziemlich viele Dinge die der Reisende hier draußen so gebrauchen kann. Die Tankstelle hat „EINE“ Zapfsäule, hier müssen ALLE tanken. Ich reihe mich ein und bete das meine Kreditkarte funktioniert. Es funktioniert, nach ca. 45 Minuten ist der Tank gefüllt. 1,80 Euro pro Liter, der teuerste Sprit auf meiner bisherigen Reise. Nach dem Tanken gehe ich das Restaurant des Raststation und gönne mir noch einen heißen Kaffee und einen Muffin. Die Raststation hat auch einen kleinen Campingplatz, eigentlich sollte hier für heute meine Reise beendet sein. Da es aber erst nachmittags ist und die Sonne scheint, beschließe ich noch ein wenig weiter zu fahren und spontan zu entscheiden wo ich dann zelte bzw. übernachte. Ich fahre also weiter. Das Wetter wird immer besser je weiter ich Richtung Norden fahre. Die wärmeren Handschuhe können wieder in den Koffer, ich wechsele wieder auf Sommerhandschuhe. Die Regenjacke, die ich gern als zusätzlichen Windschutz nutze, trage ich nur zeitweise. Allerdings trage ich immer entweder die gelbe Regenjacke oder die gelbe Weste. Die Staubentwicklung, bei vorrausfahrenden Fahrzeugen, ist teilweise so heftig, dass man nichts sieht. Da möchte ich wenigstens gesehen werden.
Ca. 40 km (km 445) hinter dem „Eagle Plains Hotel“ erreiche ich den Polarkreis, bzw. den Parkplatz wo das Schild dazu aufgestellt ist. Eine kurzer Fotostopp. Dies ist meine zwei Überquerung des Polarkreises. Die erste Überquerung war im Juli 2022, während meiner Tour in Alaska in Richtung „Prudhoe Bay“ auf dem Dalton Highway. Bei Kilometer 513 ist die Grenze des Yukon und der „Northwest Territories“ erreicht. Mittlerweile habe ich 600 km geschafft, die Fähren über den Peel River (km 587) und den McKenzie River (km 656) müssen noch genutzt werden. Die Fähren pendeln von ca. 08:00 Uhr (Mackenzie River) und ab ca. 09:00 Uhr (Peel River) bis ca. Mitternacht über die Flüsse. Es ist 22:00 Uhr, der Himmel ist mittlerweile komplett blau, nicht eine Wolke am Himmel. Die Sonne steht hoch am Himmel. Ich finde es faszinierend am Abend bzw. in der Nacht bei Sonnenschein zu fahren und beschließe daher bis nach Inuvik durchzufahren. Die Fahrzeit mit den Fähren beträgt nur wenige Minuten, die jeweilige Wartezeit ist kurz. Auf den letzten 200 Kilometern fährt ein Tankwagen vor mir, der Sprit nach Inuvik bringt. Die Staubentwicklung ist irre. Ich muss dem Tankwagen einen Vorsprung von ca. einem Kilometer geben, an überholen ist nicht zu denken. Aus der Entfernung sieht die Staubfahne aus wie eine Windhose eine Hurricanes. Ca. 10 Kilometer vor Inuvik ist die Straße wieder geteert bzw. mit einem normalen Straßenbelag versehen.
Gegen 01:00 Uhr nachts Ortszeit (hier wurde die Uhr gegenüber Dawson City wieder eine Stunde vorgestellt) und nach ca. 14 Stunden Fahrzeit, incl. Pausen und Foto Stopps, erreiche ich Inuvik. Ich hatte schon in den letzten Stunden überlegt wie und wo ich heute übernachte. Eigentlich wollte ich das Zelt aufbauen, aber die Mückenplage war unterwegs schon so extrem das ich den Plan verwerfe und das Hotel ansteuere wo ich für MORGEN eine Übernachtung reserviert habe. An der Rezeption ist nur der Wachmann, Ich sage ihm das ich ein wenig früher da bin und gern mein Zimmer haben möchte. Er gibt mir nach einiger Diskussion die Zimmerkarte, den Rest soll ich bitte morgen an der Rezeption klären. Ok, mache ich. Jetzt erst mal die Gepäckrolle vor dem öffnen abduschen, sonst wäre das Hotelzimmer sofort verdreckt, die Staubkruste ist immens. Ich selbst gönne mir auch noch eine Dusche und falle gegen drei Uhr nachts, immer noch bei blauem Himmel und Sonnenschein, ins Bett. Übrigens: hier oben geht die Sonne zwischen dem 25.Mai und dem 18. Juli nicht unter.
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