Donnerstag, 27. Juni 2024

Tag 12 => Dicke Luft! => Dawson City - Whitehorse

Mittwoch, 27.06.24
gefahrene Kilometer: 530 km

Ich sitze auf dem Motorrad und drücke den Anlasser Knopf. Ich muss jetzt eine Entscheidung treffen. Seit gestern Nachmittag überlege ich wie ich die heutige Strecke bewältigen soll bzw. welche Strecke ich nehmen soll. Hintergrund sind die Waldbrände in der Region und die dadurch bedingte Straßensperrung der EINZIGEN Straße die hier in der Gegend Kanadas, die in den Süden führt. Alle offiziellen Kanäle (u.a. die Internetseite „yukon511“) sagen, das sie Straße gesperrt ist. Das bedeutet das alle Fahrer die Richtung Süden wollen, nun wieder die Fähre über den Yukon River nehmen und über die Schotterstrecke „Top oft he World“ nach Alaska einreisen müssen. 500 km Umweg kommen auch noch dazu. Allerdings habe ich gestern im „Downtown Hotel“ hoch einige Gespräche mit amerikanischen Campern geführt, die genau diese Strecke in die andere Richtung gefahren sind und die haben mir die Info gegeben das die Behörden die Strecke alle paar Stunden kurz öffnen um den angestauten Verkehr durchzulassen. Außerdem gaben mir meine Gesprächspartner den Tipp möglichst früh vor Ort zu sein, da die Öffnungen meist nur vormittags stattfinden, da dann aufgrund des kühleren Wetters die Rauchentwicklung nicht so hoch sein soll.

O.K., ich poker. Ich fahre die 160 km nach „Stewart Crossing“ zügig nach Süden. Dort beginnt die Sperrung der Straße. Vor der Straßensperrung hat sich schon ein ca. 3 km langer Rückstau gebildet. Als Motorradfahrer fahre ich natürlich an allen vorbei, direkt auf Position Nummer eins. Dort warten schon andere Biker. Ich komme mit den Bikern und den Autos der ersten Wartepositionen ins Gespräch und erfahre das sie hier schon ca. 23 Stunden stehen. Einige Biker haben auch keine Lust sich mit mir zu unterhalten, dafür habe ich Verständnis, sie sehen müde und abgekämpft aus. Mit einem der Motorradfahrer komme ich doch ins Gespräch, sie fallen mir auf, da sie mit viel Gepäck zu zweit auf der Maschine sitzen. Das ist ungewöhnlich da hier eigentlich alle allein auf ihren Motorrädern unterwegs sind. Auf Nachfrage erläutern sie mir, dass der Sohn, der hinten sitzt, auf dem „Dempster Highway“ schwer gestürzt ist und das Motorrad danach total verbogen war. Sie haben es noch geschafft, mit der schiefen Banane von Motorrad, zurück nach „Dawson City“ zu fahren, dort haben sie es verschrottet. Jetzt sind sie auf dem Weg nach Whitehorse wo der Sohn dann, ungeplant, morgen in die Heimat in die Region Seattle/Washington zurückfliegt. Der Vater fährt die ca. 3.000 km nach Haue dann allein zurück. Trotzdem Glück im Unglück, dem Sohn ist nichts passiert. Das ist nun schon der dritte Unfall, von dem ich höre, der während meiner Zeit hier auf dem Dempster passiert ist. Ihr erinnert euch an das Wrack der BMW 1250 GS? Im Stau vor der Ampel war ein anderer Wartender gut informiert und berichtete das der Fahrer sich (nur) den Arm gebrochen hat. Ein weiterer Fahrer hatte ca. eine Woche vor meinem Aufenthalt hier einen schweren Unfall, den er leider nicht überlebt hat. Die Strecke war dann eine Woche gesperrt, da die Behörden den Unfallort und die Beteiligten Fahrzeuge (ein LKW war beteiligt) in diesem Zeitraum polizeilich untersucht haben.

Ich bin ein Glückskind, nach dreißig Minuten Wartezeit kommt ein „Pilot Car“ und führt die Wartenden durch die 70 km lange Straßensperrung. Hätte ich hier an dieser Stelle wieder umdrehen müssen, hätten das anstelle weiterer 300 km nach Whitehorse, dann 1.100 km nach Whitehorse für mich bedeutet. Die 70 km Durchleitung durch die Waldbrandregion hatten es in sich. Dichter Rauch in der Luft, teilweise nur 200 Meter Sichtweite. Ich konnte mehrfach die Flammen am Waldrand züngeln sehen. Das meiste war aber schon erloschen oder abgelöscht. Trotzdem war es eine sehr gespenstige Atmosphäre. In Deutschland hätte man in dieser Situation da niemals Autos durchgelassen, allerdings haben wir auch mehr Straßen die man als Umleitung nutzen könnte, hier gibt es halt nur diese eine Straße. Auf ca. 200 km Fahrtstrecke hängt der Rauch in der Luft, besonders sammelt sich dieser in den Tälern. Der Rauch brennt es in den Augen und das Atmen ist unangenehm.

Trotzdem, ich freue mich das ich durchgekommen bin und ich mir somit einen relativ entspannten Nachmittag machen kann. Vor Whitehorse kommt irgendwo im Nichts bei „Carmacks“ dann noch eine Tankstelle, da fahren dann wieder alle ran zum Tanken. Ich frage mich warum solcher Tankstellen, wo jeder ran muss dann immer nur 1-2 Tanksäulen haben. Es dauert. Während ich warte treffe ich ein junges deutsches Pärchen, die mit ihrem 18 Monate alten Nachwuchs für 12 Monate im Allrad-Camper unterwegs sind. Sie haben beide Elternzeit genommen und wollen sich diesen Traum erfüllen das sie genau wissen das dann erstmal für 15 bis 20 Jahre Schluss damit ist. Eltern unter euch wissen, was ich meine. Darum: „Machen, nicht warten“

Ich cruise langsam weiter nach Whitehorse und beziehe das „Destination Familiy Hotel“ für die nächste Nacht. Es ist einigermaßen preiswert und anscheinend bei Bikern beliebt. Einige Motorräder stehen schon vor der Tür, auch Vater und Sohn von der Straßensperrung treffe ich hier wieder. Man trifft in Whitehorse meist sowieso alle wieder. Es ist mit ca. 30.000 Einwohnern die größte Stadt im Umkreis von ca. 1.000 Kilometern. Am späten Nachmittag drehe ich noch eine „zu Fuß Runde“ durch die übersichtliche Innenstadt und gehe zu meiner Lieblings Fastfood Kette in Kanada: Tim Hortons




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